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Steuernummer wird zum Personenkennzeichen

12.02.2008

Ein Personenkennzeichen wäre in Deutschland unzulässig – dennoch wird es schrittweise eingeführt. Die zentrale und einmalige Steuernummer die jeder deutsche Staatsbürger ab Geburt erhält und über den Tod hinaus fortdauert wurde bisher so beworben, als dass nur Finanzämter darauf zugreifen können. Inzwischen wurde bekannt, dass im zusätzlich geplanten zentralen Bundesmelderegister nicht nur viele persönliche Daten sondern auch die Steuer-ID gespeichert werden soll. Abgerundet wird dies davon, dass auf diese Daten auch Strafverfolgungsbehörden und selbst GEZ und Inkassounternehmen Zugriff haben sollen.

Es bleibt dabei, allen Beteuerungen zum Trotz: Wenn einmal Daten vorhanden und gespeichert sind, steigen automatisch die Begehrlichkeiten. Ob diese “Salami-Taktik” bewusst eingesetzt wird um “schrittchenweise” die Bürger zu täuschen oder nicht, kann dabei dahin stehen.

Fakt ist, dass durch die Speicherung der eindeutigen und lebenslangen Steuernummer im Bundesmelderegister nun die Möglichkeit eröffnet ist, ohne zentrale Datenbank, alle Bürger zu verwalten – durch eine Personenkennzahl wird es sehr leicht möglich, dezentral Datenbestände zu verwalten, die man zentral abrufen kann.

Dazu möchte ich auch das KaiRaven-Blog zitieren:

In dem Interview kommt noch einmal schön heraus, welcher Bedeutung der Steueridentifikationsnummer als universaler ID-Nummer für den Überwachungsstaat zukommt, die ebenfalls in dem zentralen Bundesmelderegister gespeichert wird und über die alle staatlichen Behörden inklusive der Sicherheitsbehörden auch alle Daten in anderen Datenbanken verknüpfen und zusammenführen können.

Totale Möglichkeiten der Überwachung und Durchrasterung trotz verteilter Datenbankbestände, die ja immer wieder von Sicherheitspolitikern als “Datenschutz”-Argument angeführt werden, wenn es um neue Sicherheits-Datenbanken oder die Ausweitung der Speicherung von Daten in bestehenden Datenbanken geht. Das wäre ja alles nicht so schlimm, weil es keine zentralen Datenbanken gäbe – Denkste!

Mit der Steuer-ID Nummer und dem Bundeszentralregister erhält man beide Möglichkeiten: Ein zentrales Repositorium, das schon einmal die wichtigsten Identitäts- und Persönlichkeitsmerkmale erhält, womit sich leichter Data Mining Aktionen wie die Rasterfahndung durchführen lassen und zugleich eine zentrale Anlaufstelle für Anfragen aller Art, die sich über die Steuer ID-Nummer als Schlüssel auf alle weiteren dezentralen Datenbanken verzweigen lassen, wenn in denen ebenfalls die Steuer ID-Nummer gespeichert wird.

Lesenswert dazu auch die Meldung des Datenschutzzentrums:

Das Bundesinnenministerium forciert die Pläne zur Einführung eines Bundesmeldegesetzes. Dabei sollen bedeutend mehr Daten vorgehalten werden und der Zugriff auf sie erleichtert werden. Dies berichtet heise online; Philip Banse, der Journalist, der den Artikel geschrieben hat, hat auf seiner Homepage einen Referentenentwurf für ein Bundesmeldegesetz verlinkt.

Nach der Föderalismusreform I hatte der Bund im September 2006 die alleinige Kompetenz für das Melderecht erhalten. Der jetzt vorliegende Entwurf sieht die Speicherung von mindestens 27 personenbezogenen Daten für jeden einzelnen Bürger vor, darunter auch die lebenslang gleichbleibende Steueridentifikationsnummer. Auch Daten zu Pass und Ausweis sollen erfasst werden, eine Speicherung der biometrischen Merkmalen ist allerdings nicht vorgesehen. Bei Bedarf können zudem zusätzliche Daten gespeichert werden, so dass der Umfang des Datensatzes auf bis zu 60 Felder ansteigen kann. Mögliche weitere Felder sind zum Beispiel Angaben dazu, ob die Person für den Wehrdienst erfasst wurde, Hochzeitstag und -Ort, Angaben zu Waffenscheinen und sprengstoffrechtlichen Erlaubnissen. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik, sagte hierzu, es stehe noch nicht fest, was alles erfasst werden solle, der Katalog werde “zu recht noch Gegenstand einer öffentlichen Diskussion” werden, bei dem Entwurf handele es sich um “Überlegungen eines Referenten”. Der Entwurf sieht zudem vor, dass neben dem neu zu schaffenden Bundesregister auch die bisherigen kommunalen Meldeämter mehr Daten speichern sollen. Dies betrifft besonders Daten für die Ausstellung von Lohnsteuerkarten, als da wären: Steuerklasse, rechtliche Stellung der Kinder und Freibeträge.

Nicht nur der Umfang der gespeicherten Daten soll steigen, auch die Zugriffsbefugnisse sollen ausgeweitet werden. Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst sowie die Verfassungsschutzbehörden sollen voraussetzungslos auf die Daten zugreifen können. Gleiches gilt für Polzeibehörden, Staatsanwaltschaften, Gerichte, sofern sie Aufgaben der Strafverfolgung, Strafvollstreckung oder des Strafvollzugs übernehmen, den Zollfahndungsdienst, sowie Finanzämter, wenn sie strafverfolgend tätig sind. Alle anderen öffentlichen Stelle können die Daten bei Vorliegen zweier Bedingungen erhalten, nämlich wenn sie zur Erfüllung der rechtmäßigen Aufgaben nötig sind und ihre Erhebung beim Betroffenen selber entweder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde oder dem Zweck der Maßnahme entgegenstände. Auch die Erteilung von Auskünften an private Stellen soll erleichtert werden, so der Bielefelder Staatsrechtler Christoph Gusy. Wer “berechtigte Forderungen” habe, könne weitaus mehr Daten als bisher abfragen. Dies könnte zum Beispiel die GEZ oder Inkassounternehmen betreffen. Die Speicherung erfolge weitgehend ohne einen klar definierten Zweck und sei daher datenschutzwidrig, so Gusy weiter.

Kritik an den Plänen kam auch von anderer Seite. So beklagte Wolfgang Wieland, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, dass die Notwendigkeit eines solchen Registers nie überzeugend dargelegt worden sei. Gisela Piltz, innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, sprach von einer “Superdatensammelbehörde”. Zudem kritisierte sie, dass durch die geplante Erfassung der Steueridentifikationsnummer der Weg zu einer zentralen Personenkennziffer vorgezeichnet sei. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte die Plänen. Allenfalls sei eine Speicherung von “Grundpersonalien” möglich, auf keinen Fall aber von Waffenschein oder Steuernummer.

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