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Ankündigung: Replik auf Breyer in NJW 2008, XVIII

04.07.2008

In der aktuellen NJW findet sich ein Leserbrief von Patrick Breyer zum Thema Videoüberwachung, der sehr lesenswert ist. Ich möchte hier darauf hinweisen und empfehle eine Lektüre.

Zugleich kündige ich eine Replik von mir an (die von der NJW sehr wahrscheinlich nicht abgedruckt werden wird), da ich leider einige Kritikpunkte sehe. Dazu nur ganz kurz von mir vorab: So verweist Breyer u.a. auf das Urteil 1 BvR. 2368/06 des BVerfG und führt dazu aus:

Auch das oberste deutsche Gericht hat eine Videoüberwachung nur dann für zulässig erklärt, wenn ein “hinreichender Anlaß besteht” und die Maßnahme “in räumlicher und zeitlicher Hinsicht” begrenzt ist.

Das ist so leider nicht korrekt, ich zitiere aus dem Urteil, Randnummer 56:

Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage materiell verfassungsgemäß sein kann, wenn für sie ein hinreichender Anlass besteht und Überwachung sowie Aufzeichnung insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Möglichkeit der Auswertung der Daten das Übermaßverbot wahren.

Wie ich vor kurzem schon ausführte: Eine pauschale Stellungnahme zu Kameras verbietet sich. Man muss den Einzelfall bewerten, dabei ist die Frage, ob “nur” Beobachtet wird oder auch aufgezeichnet wird ein wichtiges Kriterium – das das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich in dem zitierten Abschnitt festgehalten hat. Das BVerfG hat in seinem Urteil 1 BvR 2368/06 deutlich gemacht, dass zwischen Beobachtung und Aufzeichung unbeding tzu unterscheiden ist, deutliche Worte dazu aus Randnummer 52:

Das Gewicht dieser Maßnahme wird dadurch erhöht, dass infolge der Aufzeichnung das gewonnene Bildmaterial in vielfältiger Weise ausgewertet, bearbeitet und mit anderen Informationen verknüpft werden kann.

Ebenfalls anzureissen ist, dass -entgegen aller Behauptungen- das AG Hamburg der Cafe-Kette Balzac gerade nicht verboten hat, “seine Kunden zu beobachten”, sondern eine gezielte Aussage getroffen hat:

Die Beobachtung des Kundenbereichs, der darauf ausgelegt ist, dass die Kunden dort länger verweilen, verstößt gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Kunden und ist daher unzulässig.

Ob man deswegen nicht auch den Kassenbereich oder Eingangsbereich beobachten darf ist eine andere Frage.

Und auch wenn es mir fernliegt, pro Kameraüberwachung zu argumentieren (was ich auch nicht tue wenn man genau liest), gilt es dennoch, genau zu sein. Nicht zuletzt, um Betroffene nicht in falscher Sicherheit zu wiegen. Insbesondere sollte vermieden werden, dem BVerfG eine Aussage in den Mund zu legen, die in dieser Deutlichkeit (leider) noch nicht getroffen wurde und konträr zum leider viel zu deutlichen §6b BDSG stehen würde.

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3 Kommentare zu diesem Beitrag:

pab

Bitte veröffentlichen Sie Ihre Replik hier, wenn sie von der NJW nicht publiziert wird.

Schön dass Sie es zur Kenntnis genommen haben :) Ich mache das gerne, werde aber erst nach der nächsten Woche dazu kommen - diese Woche stehen meine Schwerpunkt-Klausuren an.
Danach ist es aber der erste Punkt.

Im übrigen freue ich mich, wenn Sie meine Antwort zum Anlass nehmen, erneut auf das Thema einzugehen. Nicht nur, weil ich hoffentlich schon mehrfach bewiesen habe, meine eigenen Positionen jederzeit zu überdenken und bei guten Argumenten auch zu ändern, sondern vor allem weil es gerade öffentlich geführte Diskussionen sind, mit denen man etwas erreichen kann. Und eine solche in der NJW ist natürlich eine hervorragende Plattform um das Thema zu transportieren.

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